Samstag, 26. September 2009

Oben

Einmal im Jahr verwöhnt uns Disney Pixar mit einem Animationsfilm der allerersten Güteklasse. Nach "Ratatouille" und "Wall-E" hat die Erfolgsschmiede nun ihr nächstes heißes Eisen aus dem Feuer geholt. Wie hoch das Niveau diesmal liegt? Ganz weit oben!


Regelmäßigen Kinobesuchern der letzten Jahre wird sicher aufgefallen sein, dass ein neues Jahr automatisch einen neuen Pixar-Film mit sich bringt - und jeder neue Pixar-Film bringt einen neuen Kurzfilm mit sich, der vorweg als Appetitanreger fungiert. "Teilweise wolkig" erzählt dabei völlig ohne Worte die Geschichte einer frustrierten Wolke, die zusammen mit seinen Artgenossen Neugeborene, Säuglinge und Babys produziert - für Tier- und Menschenwelt. Doch während 99 Prozent der Wolken süße Welpen und Küken herstellen, ist die dunkle Wolke nur für Alligatoren, Haie und andere rebellische Tiere zuständig. Das ärgert nicht nur ihn, sondern auch seinen persönlichen Storch, der die Produkte (dem alten Ammenmärchen zufolge) ausliefert und nach vielen Flügen bereits reichlich zerfetzt und zerzaust aussieht. Also überlegt er, ob er sich nicht vielleicht eine neue Wolke suchen soll... So fantasievoll, so toll. Eine wunderbare Geschichte über Freundschaft, allerliebst präsentiert.

Nach Lightning McQueen, Nemo und Co. betritt nun also ein ergrauter Greis mit Krückstock die Bühne. Carl Fredrickson ist fast 80 Jahre alt, wirkt reichlich grantig und verbittert und hat mich unheimlich an Walt Kowalski aus "Gran Torino" erinnert. Dass in Carl aber ein anderer Mensch steckt, wird durch eine kleine Vorgeschichte erzählt. Der kleine Carl sitzt im Kino, seine Brille ist mindestens so groß wie seine Träume und während er einen Film über den Forscher Charles Muntz schaut, weiß er, dass er auch einmal die Welt mit einem Zeppelin erforschen will. Während seiner Kindheit trifft er Ellie, die beiden verbringen viel Zeit miteinander, sie heiraten schließlich und sind glücklich. Sie kommen sofort auf einen Nenner und beschließen, irgendwann einmal nach Südamerika zu fliegen. Leider läuft nicht alles perfekt in ihrem Leben. So sehr sie sich auch Kinder wünschen, Ellie kann keine Kinder bekommen. Noch dazu erkrankt sie später und stirbt... So verbringt Carl nun seine Tage einsam daheim. Zumindest noch, denn nebenan baut man einen riesigen Glaspalast neben den nächsten, so dass er sich überlegen kann, weiter auszuharren oder in ein Seniorenheim zu gehen.
Ungelogen, diese Vorgeschichte ist einfach unglaublich. Da sind mir Tränen gelaufen, erst aus Trauer, im nächsten Moment schon wieder aus Freude. In der Beziehung hat mich "Oben" voll erwischt. Herrlich und doch traurig. Gleich zu Beginn wird deutlich, dass man sich vorsichtig an ernste Themen rangetraut hat, eigentlich ganz untypisch für einen "Kinderfilm". Unfruchtbarkeit, Tod und dann ist der pummelige Pfadfinder auch noch ein Scheidungskind, dessen Vater sich nicht für ihn interessiert. Respekt Pixar, für so viel aufgebrachten Mut!
Russell heißt der kleine erwähnte Pfadfinder, der Carl eigentlich nur besucht, weil er sich ein letztes Abzeichen für Hilfsbereitschaft verdienen will. Währenddessen kommt es zum Streit zwischen Carl und den Bauarbeitern und er muss sein Haus doch verlassen. Doch statt sich abschieben zu lassen, nimmt er sich all seine alten Luftballons, bindet sie an den Schornstein und macht sich mit seinem fliegenden Haus auf den Weg in Richtung Paradise Falls in Südamerika. Plötzlich merkt er, dass Russell als blinder Passagier an Bord ist und so beginnen beide sich zu arrangieren. Natürlich stürzt das ungleiche Paar von einem Trubel in den den nächsten. Kaum angekommen, treffen sie auf einen schrägen Paradiesvogel (bitte wörtlich nehmen), viele sprechende Hunde und selbstverständlich auf Action. Dann versucht Carl auch noch, sein Haus irgendwie zum Wasserfall zu bekommen. Für Ellie natürlich. Die Streitereien und die Differenzen zwischen alt-senil und jung-fidel wissen immer wieder zu gefallen, denn Carl und Russell werden schnell zu einem eingespieltem Team, das mit Charme und Witz aufwartet.

Fazit: Ich hab mir als kleines Kind so gern die Disney-Filme angeguckt und hätte nicht gedacht, dass "Oben" mich trotz haufenweise Vorschusslorbeeren und Lob so begeistert. Wie "Teilweise wolkig" gelingt auch dem Hauptfilm der wagemutige Balanceakt zwischen Melancholie, Freude, Trauer und Spaß. Alt und jung lacht in regelmäßigen Abständen, die witzigen Momente sind passend platziert und in regelmäßigen Abständen punktet "Oben" mit netten Einfällen. Den Film konnte ich leider nicht in 3D sehen, technisch herrscht trotzdem ein unheimlich hohes und detailverliebtes Niveau, wie man es mittlerweile von Disney ja schon gewöhnt ist. Zum Ende mag die melancholische Grundstimmung etwas der kindgerechten Action weichen, und mit den sprechenden Hunden konnte ich mich auch nicht anfreunden, doch der Gesamteindruck bleibt positiv. "Oben" ist ein Film über die ganz großen Träume, die jeder einmal hat, und die ganz weit oben in scheinbar unerreichbaren Höhen zu schweben scheinen. 9/10

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