Freitag, 9. Oktober 2009

District 9

Wenn uns die Vergangenheit eines gelehrt hat, dann dass Menschen einfach nicht gut mit Aliens auskommen. "District 9" erzählt eine krachende Geschichte abseits von Außerirdischen auf Fahrrädern und Kaffee-Suchties aus dem Men In Black-Universum.


Wikus van de Merwe ist ein kleines Licht in seiner Firma, wird aber von seinem Boss (der zufällig auch sein Schwiegervater ist) als Leiter für ein ganz besonderes Projekt auserkoren. Er soll mit Hilfe des Militärs den District 9 umsiedeln. District wie bitte? Nein, dort gibt's keine Prostituierten und auch keine asiatischen Trödelladen-Besitzer. Zumindest keine menschlichen... Vor gut 20 Jahren kam ein riesiges unbekanntes Flugobjekt nach Johannesburg (Südafrika), das seitdem dort in der Luft hängt. Nach einiger Zeit erforschten die Menschen das Schiff und fanden unzählige Außerirdische an Bord. Für diese wurde ein Auffanglager aufgebaut, der titelgebende District 9. Mit der Zeit haben sich die Shrimps (so nennt man die Kreaturen leicht abwertend) eine eigene Gesellschaft errichtet. Keine gute, aber immerhin eine, die irgendwie funktioniert. Die Art und Weise ist dabei höchst fraglich, denn äußerlich erinnert alles an versiffte Slums, Prostitution ist an der Tagesordnung, genau wie Drogenhandel mit Katzenfutter und Waffenhandel mit angesiedelten afrikanischen Warlords.
Weil sich viele Anwohner vom Gestank und der zunehmenden Gewaltbereitschaft der Shrimps gestört fühlen, soll Wikus also mit einer geballten Portion Planung die Umsiedlung in ein neues Lager organisieren. Auf den ersten Blick will man ihm das gar nicht zutrauen, er wirkt wie der kleine Streber, der in der Grundschule immer eine drauf bekommen hat. Und trotz eleganter Muschibremse unter der Nase und der Ausstrahlung eines Sessel-befurzenden (pflichtbewussten...) Bürohengstes, mausert er sich von der Zero zum Hero. Bei einer Untersuchung kommt Wikus mit einer fremden Flüssigkeit in Berührung und verwandelt sich nach und nach selbst zum Shrimp. Klar, dass die Regierung ihm sofort ans Leder will, schließlich könnte nur er als Halbmensch die vielen Alien-Wummen bedienen, für die man sonst keine Verwendung hat. So lässt Wikus aber nicht mit sich umgehen, er flieht aus der Forschungsstation, kooperiert mit den Aliens und lernt schnell deren Plan kennen...

Ganz tolle Filme sind die, die man erst gar nicht auf der Rechnung hatte und die einen dann doch begeistern können. So geschehen bei "District 9". Ich hab mir im Vorfeld keinen Trailer zum Film angeguckt, hab mich nicht weiter belesen, sondern nur mitbekommen, dass der Film supi-dupi sein soll. Und auf einmal sitz ich da im Kinosaal und bin völlig gefesselt. Die wacklige Handkamera mag wie bei "Cloverfield" Geschmackssache sein, aber sie verleiht dem authentischen Dokumentarstil besonderen Nachdruck, immer wieder werden Rückblenden eingeblendet. Verbunden ist das meist durch harte Schnitte, die gerade die Äktschn gut zur Geltung kommen lassen. In den letzten Minuten entwickelt sich "District 9" zur Blockbuster-Materialschlacht, es kracht an allen Ecken und Enden doppelt - in diesem Moment weiß man, das ist ganz großes Entertainment. Doch nicht nur die Rumms und die Bumms überzeugen, auch die restlichen Spezialeffekte powered by Peter Jackson sind auf sehr hohem Niveau und fallen teilweise recht blutrünstig aus. Dazu gibt es ein stimmig abgestimmtes Design, das sehr an "Half-Life" und die berüchtigte City 17 erinnert. Das alles wären also schon einmal Zutaten, die dem Film das Prädikat "bombastisch" verleihen, doch es kommt noch besser. Die Beziehung zwischen Wikus und seiner geliebten Frau wird rührend präsentiert, und auch zu den Shrimps baut man eine enge Verbindung auf. Glücklicherweise quetscht sich zwischen Peng und Schluchz immer wieder ein Haha, denn "District 9" punktet an den richtigen Stellen mit Witz. Und das ebenfalls äußerst gelungen.
Anzukreiden wäre, dass die interessante Story am Ende zum Beiwerk verkommt und sich der Action beugen muss. Schließlich endet alles toll, aber etwas weniger Pathos hätte es auch getan.

FAZIT: Man merkt, der Film hat mir richtig gut gefallen. Er ist packend, einfallsreich und punktet durch frische Schauspieler und Ideen. Wikus' Zerfall ist beeindruckend dokumentiert, ebenso sein Charakterwandel. Leider scheint mir, dass man diesem Film etwas zu wenig Aufmerksamkeit hat zukommen lassen. Er hat es auf jeden Fall verdient, gekauft oder zumindest ausgeliehen zu werden. Für mich ein echtes Kaliber von Blockbuster, auch wenn man in den letzten Minuten etwas zu sehr auf's Gas drückt. 8/10

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