Freitag, 31. Dezember 2010

Das war es, das wird es sein.

Mach dich zur Seite, du Null, hier kommt die Eins.

Man man man, ich habe vor einem Jahr schon das alte Jahr verabschiedet und das neue begrüßt und jetzt die gleiche Chose von vorn. Für den Blog war es ein aufregendes Jahr: Nach seiner viel zu langen Winterpause erwacht er und findet sich zwischen dekorativ tapezierten Digi-Wänden wieder. Zum Look der alten Schule stehe ich auch jetzt noch, immerhin soll so ähnlich mal ein Zimmer meiner ersten eigenen Wohnung aussehen... hehe.
Die letzten Einträge seit dem Neuanfang haben die Richtung vorgegeben, die ich auch weiterhin verfolgen möchte: mein Blog soll sich um Komisches, Alltägliches, Filmisches, Musikalisches und Spielerisches drehen und das möglichst im richtigen Verhältnis. 2011 geht es weiterhin rund, schließlich stehen schon Ideen auf der Warteliste. Ich freue mich über jeden Leser, den ich anlocken und dem ich ein Grinsen ins Gesicht zaubern kann.

Außerhalb der Blog-Welt wird das kommende Jahr genauso ein Jahr, wie das jetzige und zukünftig vorige auch war. Es wird Skandale, Schicksale, Nachrichten, Katastrophen und Auseinandersetzungen geben, vielleicht auch ein paar erfreuliche Geschichten, damit man im nächsten Dezember nicht nur auf die schlechten Seiten von 2011 blickt. Nebenbei werden alle älter und erfahrener.

Also, guten Rutsch! Man liest sich 2011.

Montag, 27. Dezember 2010

Selbstbedienung versteht sich von selbst


"Besorg's dir doch einfach!" Was Real eine Zeit lang als frechen Marketing-Spruch verwendet hat, hat sich scheinbar so fest in die Köpfe einiger Leute eingebrannt, dass man nun von "Dreist ist geil" sprechen muss.



Wenn man als Kunde irgendwann wieder einmal feststellen muss, dass im Supermarkt alle Regalpositionen neu ausgewürfelt wurden, fragt man sich natürlich, ob das Feng Shui für Lebensmittel von essenzieller Notwendigkeit ist. Doch zum Glück weiß der Einzelhandel, wie er uns den unfreiwilligen Spießrutenlauf einigermaßen versüßen kann: mit kostenlosen, gratis Kostproben, die auch noch umsonst sind. Im Elektrofachhandel strapaziert man die herumstehenden Soundsysteme, hört vorab in neue CDs rein und spielt vielleicht auch nebenbei noch ein spaßiges Videospiel. Nicht nur gucken, sondern auch anfassen ist erlaubt, was natürlich dazu führt, dass man gern ein Weilchen länger verweilt und sich auch den ein oder anderen Euro aus der Tasche ziehen lässt. Probieren geht über studieren und verringert (teilweise) die Chance eines Fehlkaufs. Im Supermarkt darf man auch ordentlich ran. Obst und Gemüse kann man nach Herzenslust begrabbeln und ab und zu springt sogar eine Traube oder Erdbeere im hohen Bogen in den Mund. Mundraub ist das natürlich nicht, die Früchte wollen es ja so! Viel besser sind kleine Stände, an denen Leckerlies als Appetitanreger bereitliegen. Kleine Würstchen- und Käsehappen und auch einen Schluck der leckeren neuen Limonade XY lässt sich da abstauben.

Eine Ecke schärfer wird es, wenn man dieses Prinzip der Selbstbedienung falsch versteht. So wie ein älterer Mann, den ich vor einer Weile im Real beobachten durfte. Da steht dieser große Aufsteller von Bosch, der den neuen Elektrorasierer bewirbt und so einige Blick auf sich zieht. Ein Interessent nimmt das Ausstellungsstück natürlich auch mal in die Hand, soll ja bequem in den Griffeln liegen. Man kann auch ruhig ein paar surrende Brumm-Geräusche von sich geben, um sich exakt vorzustellen, wie man mit dem Rasierer vorm eigenen Spiegel steht und sich auf Vordermann bringt. Toll ist's dann, wenn der Rasierer sogar angeschlossen ist und selbst Geräusche macht. Was man jedoch nicht darf, ist, sich mit genau diesem Rasierer im Real, zwischen anderen Kunden und Regalen, wirklich zu rasieren! Als ob er im Real heimisch wäre, nimmt der Mann das Teil in die Hand, beäugt es kritisch und fängt an, sich seine grauen Stoppeln zu entfernen. Ohne Scheiß, bei so viel Dreistigkeit sind mir fast die Augen herausgefallen. Ich konnte nicht einmal weggucken und hatte sogar das Bedürfnis einzugreifen, aber ich war paralysiert. Was denkt der nächste Kunde, wenn er den Rasierer begutachtet? "Oh, ist schon gebraucht. Den hat Real wohl bei Ebay gekauft." Man geht doch auch nicht im Praktiker in die Keramikabteilung, um sein Geschäft zu verrichten, danach unter die Dusche nebenan und dann splitterfasernackt ins Real, um sich ein Handtuch umzuhängen, während man unterwegs noch eine Schachtel Zigaretten beim Kiosk raucht; nur, weil man sich bei dieser dudelnden Musik im Einkaufszentrum heimisch fühlt! Mit diesem Verhalten schießt man echt mehr Vögel als ein Jäger ab. Nachdem ich früh aus dem Haus gehe, sprüh ich mich vielleicht auch noch mit Deo bei Edeka ein. Es steht immerhin so rum und wartet darauf, benutzt zu werden... Na klar, die ganze Welt ist ein riesiger Selbstbedienungsladen. Ich meine - man kann es auch übertreiben.

Wenn ich Hunger auf einen Döner hab, geh ich am Dönermann vorbei und beiß einmal in den Fleischspieß hinein. Wenn ich Arznei brauche, schleiche ich mich in ein abgeschlossenes Zimmer der Apotheke. Und wenn ich operiert werden soll, greif ich am besten von der Trage zum Skalpelltisch und ramm mir die spitzen Werkzeuge selbst in den Körper. Ich kann verstehen, dass man bei Douglas einen Spritzer Parfüm auf dem Handgelenk abzwackt und sich einen Tag lang über den Duft freut, aber muss man wie der dreiste Greis einen Schritt über die Linie der Vernunft hinweg machen? Ich traue mich nicht einmal, eine Traube im Supermarkt zu naschen, wenn ich sie nicht vorher gewogen habe und kaufen möchte. Leute gibt's...

Samstag, 11. Dezember 2010

Vicious Viper - 250.000 Bisse in den Rachen

Es gab vor einigen Monaten schon einen Blog-Eintrag zum Thema "Mit extra scharf", der nach mehr Rachenfeuer verlangte. Jetzt stand ich kurz vor dem Schleimhaut-Exotus und kenne meine Grenze.


Wie bekannt ist, kann man viele "scharfe" Grillsaucen und Pizzen als geübter Schmerzresistenter in der Pfeife rauchen. Doch für alle, die sich mental abseits der normalen Wege bewegen, gibt es eine Herausforderung, die sich in Scoville messen lässt: die Vicious Viper. Bzzzzzzz!
Scoville ist die Einheit des Schärfegrades, sie drückt keinen Geschmack aus, sondern eher Schmerzempfinden. Schmerzperverse müssen ja auch nicht unbedingt immer auf Hiebe und Striemen auf dem Rücken stehen. Wenn die Rezeptoren der Zunge pogen, kann das genauso befriedigend sein.
Für die Reizung der Mundhöhle ist ein Stoff namens Capsaicins verantwortlich. Pur würde dies 15.000.000 bis 16.000.000 Scoville entsprechen, wobei die geisteskrankesten der Geisterkranken aller Geisteskranken der Welt wohl bei 2.000.000 (soweit man vorher nicht umkippt) die weiße Flagge hissen. Um einen Schärfegrad im Verhältnis zu sehen, sei gesagt, dass bei einer Million Scoville 1000 Liter Wasser benötigt werden, um den Schmerz zu neutralisieren. Krass, oder? Zu empfehlen sind sowieso Heilmittel wie Milch, Joghurt, Käse oder auch Brot - Wasser verteilt die Schärfe eher noch. Das wusste ich zum Glück, bevor ich mich selbst ins Fegefeuer stürzte.

Ganz wichtig beim Umgang mit solch explosivem Zeug ist Vorsicht. Zum einen sollte man sich nach dem Berühren einer Flasche schnell die Hände waschen, statt sich durch ein unvorsichtiges Reiben des Augenlides unerträglichen Qualen auszusetzen. Auch ein beherzter Check-Griff in die Hose ist nicht zu empfehlen, egal wie groß der Drang ist. Genauso wie beim Umgang mit Nitroglycerin gibt es also auch hier Schutzvorkehrungen.
Nach ersten gesammelten Erfahrungen durch reichlich Peperoni war ich in diesem Sommer in Leipzig bereit, bei "Curryfire" Mittag zu essen. Ich nahm 350.000 Scoville in meiner Sauce, was kein Zuckerschlecken war, aber dennoch so interessant, dass ich es aushalten konnte. Die "Mother of Pain" mit 1 Mio. hat zwei Freunden von mir die Tränen in die Augen und Schmerzschreie aus dem Mund gedrückt. Wohlbemerkt bei einer Pommesspiekerspitze voll. Diese Sauce kann zudem nur geordert werden, wenn man einen Schadensersatzverzicht unterzeichnet. Dann konnte ich vor kurzem an einem Hot-Dog-Stand den "Death Dog" probieren: "Was, nur 250.000 Scoville? Pussy-Kram!" dachte ich mir. Haha... haha, hmpf. Die werte Frau hat vergessen, dass diese Sauce tröpfchenweise dosiert unter die eigentliche Sauce gemischt werden soll, statt sie wie Ketchup aufzutragen! Das Verzehren selbst war einfach nur eine Qual. Zuerst kamen die Schmerzen, dann die Tränen, die laufende Nase und ein ständiges Hecheln und Stottern. Ein Kumpel hatte nach einem Probierbissen immerhin noch die Kraft, mich als "bekloppt" und "völlig gestört" zu titulieren. In der nächsten Phase des Nahtods kamen dann schon zittrige Hände, weiche Knie wie Wackelpudding und leichte Schwindel- und Schwächeanfälle hinzu - ohne Scherz, ich befand mich kurz vor Ohnmacht und Kreislaufzusammenbruch. Zum Glück hatte der Hot Dog auch noch doppelte Länge... Ohne den halben Liter Milch wäre es wohl vorbei gewesen. Geschafft hab ich ihn, das Monster aus orientalischem Feuer, schließlich doch. Nachdem sich die dritte Phase durch ein benommenes Wanken aus dem Laden und geistige Abwesenheit bemerkbar machte, wusste ich: Schärfe kann gern an der Schmerzgrenze sein, aber besser nicht over the top. Auf dem Etikett ist von "Schaden für Leib und Leben" die Rede. Oh ja.