Samstag, 11. Dezember 2010

Vicious Viper - 250.000 Bisse in den Rachen

Es gab vor einigen Monaten schon einen Blog-Eintrag zum Thema "Mit extra scharf", der nach mehr Rachenfeuer verlangte. Jetzt stand ich kurz vor dem Schleimhaut-Exotus und kenne meine Grenze.


Wie bekannt ist, kann man viele "scharfe" Grillsaucen und Pizzen als geübter Schmerzresistenter in der Pfeife rauchen. Doch für alle, die sich mental abseits der normalen Wege bewegen, gibt es eine Herausforderung, die sich in Scoville messen lässt: die Vicious Viper. Bzzzzzzz!
Scoville ist die Einheit des Schärfegrades, sie drückt keinen Geschmack aus, sondern eher Schmerzempfinden. Schmerzperverse müssen ja auch nicht unbedingt immer auf Hiebe und Striemen auf dem Rücken stehen. Wenn die Rezeptoren der Zunge pogen, kann das genauso befriedigend sein.
Für die Reizung der Mundhöhle ist ein Stoff namens Capsaicins verantwortlich. Pur würde dies 15.000.000 bis 16.000.000 Scoville entsprechen, wobei die geisteskrankesten der Geisterkranken aller Geisteskranken der Welt wohl bei 2.000.000 (soweit man vorher nicht umkippt) die weiße Flagge hissen. Um einen Schärfegrad im Verhältnis zu sehen, sei gesagt, dass bei einer Million Scoville 1000 Liter Wasser benötigt werden, um den Schmerz zu neutralisieren. Krass, oder? Zu empfehlen sind sowieso Heilmittel wie Milch, Joghurt, Käse oder auch Brot - Wasser verteilt die Schärfe eher noch. Das wusste ich zum Glück, bevor ich mich selbst ins Fegefeuer stürzte.

Ganz wichtig beim Umgang mit solch explosivem Zeug ist Vorsicht. Zum einen sollte man sich nach dem Berühren einer Flasche schnell die Hände waschen, statt sich durch ein unvorsichtiges Reiben des Augenlides unerträglichen Qualen auszusetzen. Auch ein beherzter Check-Griff in die Hose ist nicht zu empfehlen, egal wie groß der Drang ist. Genauso wie beim Umgang mit Nitroglycerin gibt es also auch hier Schutzvorkehrungen.
Nach ersten gesammelten Erfahrungen durch reichlich Peperoni war ich in diesem Sommer in Leipzig bereit, bei "Curryfire" Mittag zu essen. Ich nahm 350.000 Scoville in meiner Sauce, was kein Zuckerschlecken war, aber dennoch so interessant, dass ich es aushalten konnte. Die "Mother of Pain" mit 1 Mio. hat zwei Freunden von mir die Tränen in die Augen und Schmerzschreie aus dem Mund gedrückt. Wohlbemerkt bei einer Pommesspiekerspitze voll. Diese Sauce kann zudem nur geordert werden, wenn man einen Schadensersatzverzicht unterzeichnet. Dann konnte ich vor kurzem an einem Hot-Dog-Stand den "Death Dog" probieren: "Was, nur 250.000 Scoville? Pussy-Kram!" dachte ich mir. Haha... haha, hmpf. Die werte Frau hat vergessen, dass diese Sauce tröpfchenweise dosiert unter die eigentliche Sauce gemischt werden soll, statt sie wie Ketchup aufzutragen! Das Verzehren selbst war einfach nur eine Qual. Zuerst kamen die Schmerzen, dann die Tränen, die laufende Nase und ein ständiges Hecheln und Stottern. Ein Kumpel hatte nach einem Probierbissen immerhin noch die Kraft, mich als "bekloppt" und "völlig gestört" zu titulieren. In der nächsten Phase des Nahtods kamen dann schon zittrige Hände, weiche Knie wie Wackelpudding und leichte Schwindel- und Schwächeanfälle hinzu - ohne Scherz, ich befand mich kurz vor Ohnmacht und Kreislaufzusammenbruch. Zum Glück hatte der Hot Dog auch noch doppelte Länge... Ohne den halben Liter Milch wäre es wohl vorbei gewesen. Geschafft hab ich ihn, das Monster aus orientalischem Feuer, schließlich doch. Nachdem sich die dritte Phase durch ein benommenes Wanken aus dem Laden und geistige Abwesenheit bemerkbar machte, wusste ich: Schärfe kann gern an der Schmerzgrenze sein, aber besser nicht over the top. Auf dem Etikett ist von "Schaden für Leib und Leben" die Rede. Oh ja.

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