Donnerstag, 22. Oktober 2009

Ein Stallone altert nicht!

Sylvester Stallone ist ein alter Sack und das erst nicht seit kurzem. Jeder weiß es, aber ihm ist's egal...



Im Jahr 1946 kam der Italian Stallion zur Welt, seit Juli hat er stolze 63 Jahre auf dem Buckel und trotz unübersehbaren Falten und Botox-Einsätzen distanziert er sich konsequent vom Opa-Image. Der Mann, der in den 70ern und 80ern zu einer Action-Ikone des Jahrtausends aufstieg und sich auf eine Stufe mit Arnold "I'll be back!" Schwarzenegger stellen durfte, hat allerdings nicht nur Erfahrung mit Wummen und Haudrauf-Filmen - nein, er hat auch einen Porno gedreht. "WAS, P-o-r-n-o?!"
Die Hintergrund-Details: Als Sly wegen Geldknappheit die ein oder andere Finanzspritze nötig hatte, wandte er sich an einen Regisseur, der ihn für 200 Dollar eine Nacktszene in einem Schmuddelstreifen spielen ließ. Natürlich konnte niemand ahnen, dass in diesem Moment nicht nur Sylvester Gardenzio Stallones, sondern gleichzeitig Rocky Balboas Gemächt auf Zelluloid gebannt wurde. Wer's nicht glaubt, geht in die Videothek und schielt im Action-Regal zwischen Rambo und Rocky rum. Im Titel steht irgendwas mit "Randy" - es gibt jedoch mehrere Filme, die diese Szene enthalten. Nach dem Durchbruch in Hollywood verwurstete man die wenigen Einstellungen sogleich für eine ganze Reihe von Filmchen.

Er war eben jung und brauchte das Geld, was soll man auch weiter dazu sagen. Für mich bleibt er ein Held, obwohl ich seine Glanz-Zeit aufgrund meines Alters nicht wirklich miterlebt hab. Ich kenne weder "Cliffhanger", noch "Rambo 2/3", noch "Rocky 2/3/5/6" oder "Over the top". Dafür hab ich schon "City Cobra", "Rambo 1/4", "Driven", "Cop Land" und "Rocky" gesehen - man versteht allmählich den Mythos Stallone: dieses Unverkennbare, das Image, die Oberlippe, die Sprüche.
Viele mögen Rocky Balboa und John Rambo einen platten Charakter attestieren, doch in den Serien-Erstlingen steckt viel Persönlichkeit. Rocky bedarf keiner großen Worte, sein Aufstieg vom Underdog zum Helden ist legendär. Auch Rambo hat mich in der Beziehung überrascht. Natürlich wird er im Wald zum Tier und hat kein Problem damit, die Polizisten mit allen Mitteln zu stoppen, doch innerlich ist John ein emotionaler Krüppel, der mit seinem Leben seit Vietnam nicht mehr zurecht kommt. Sollte man gesehen haben (auch weil sich Rambo als Inbegriff draufgängerischen Verhaltens im Duden etabliert hat).
"Driven" mag ich nicht wegen der ausgefeilten Geschichte, sondern hauptsächlich wegen der Erinnerungen an den damaligen Kino-Besuch, wegen derMotorsport-Thematik, den Gastauftritten, den authentischen Parallelen zum Formel-Sport und den spektakulären Crashs. Richtig begeistert hat mich "John Rambo" - nicht weil fast der ganze Film aus einem perversen Gemetzel besteht, sondern weil das ganz einfach saubere Action der alten Schule ist. Eine Kampfmaschine plättet Hunderte, zerlegt ganze Legionen, befreit nebenbei Geiseln und zeigt vollen Körpereinsatz - sowas befriedigt männliche Gelüste. Besonderes Schmankerl: die Explosion der Wasserstoffbombe im Wald. Gerade wegen diesen Aspekten mag "John Rambo" als Revival des Action-Kinos gefeiert worden sein, es gab jedoch auch genug Kritiker, die den Film als sinnlose Schlachtplatte ohne Moral und Verstand darstellten. Menschen werden von den bösen Truppen an die Schweine verfüttert, man scheucht sie auf Minenfelder und schreckt auch nicht vor Kindern zurück. Fakt ist, dass der Bürgerkrieg in Birma so abgelaufen ist und dass Sly mit seinem Film wirklich abschreckt. Aus welcher Perspektive man den Film begutachtet, sollte jeder für sich selbst entscheiden, nachdem er/sie den Film gesehen hat. Ich kann beiden Seiten etwas abgewinnen.

Sein Comeback ist mit dem Beenden der Rocky- und Rambo-Saga geglückt, Kritiker sowie Publikum hat er zufrieden gestellt. Nachdem er quasi im Alleingang zurückgekehrt ist, scheint er sich aber irgendwie zu weigern, sich anderen Regisseuren unterzuordnen. Sein nächstes Regie-Projekt trägt den Titel "The Expendables" und vereint die ganzen großen Namen von damals und heute in sich: Sly Stallone, Dolph Lundgren, Mickey Rourke, Jet Li, Jason Statham und noch dazu Arnie Schwarzenegger und Bruce Willis in Nebenrollen - nur Jean-Claude van Damme hat (aus völlig unverständlichen Gründen) nicht zusagen wollen. Eine Gruppe Söldner soll einen Diktator stürzen und gerät dabei in einen Hinterhalt, denn der eigentliche Plan besteht darin, die Söldner auszuschalten. Klar, dass es da ordentlich Rampa-Zampa gibt. Auf youtube gibt es mittlerweile einen 3-minütigen Promo-Trailer der einen Eindruck vom Action-Feuerwerk 2010 verschafft (siehe Ende des Blog-Eintrags).
Vor kurzem hat er dann auch noch auf dem Filmfest in Venedig den Director's Cut von "John Rambo" präsentiert, der für ihn eine Herzensangelegenheit gewesen sein soll. Wann der erscheinen soll, weiß niemand genau, doch Sly ist mächtig stolz drauf.
Wer sich mal seinen Körper in "Rocky 6" und "Rambo 4" angeguckt haben, wird mit Sicherheit verdammt große Augen bekommen haben - wie zum Teufel kann sich ein alter Mann einen dermaßen monströsen und muskel-bepackten Körper antrainieren? Steroide, Testosteron, Amphetamine - er geriet wegen der Einfuhr zu vieler Präparate sogar schon in Schwierigkeiten mit dem Gesetz. Wahrscheinlich will dieser Mann alles, nur eins nicht: altern. Sein Zenit sei überschritten, niemand wolle Opa beim Ballern zugucken, sagt man. Dabei versucht Sly einfach, seinen Körper fit zu halten. Ein Remake des 70er Thrillers "Ein Mann sieht rot" will er noch drehen und sogar einen fünften Rambo-Teil: "Rambo: The Savage Hunt". In dem muss Rambo einen genmanipulierten Super-Soldaten einfangen, der aus einer benachbarten Militär-Basis geflüchtet ist. Ahja, schon klar. Zur Not will er für die Filmstudios sogar Rambo 6 machen, solange er endlich sein ersehntes Biopic über den Poeten Edgar Allan Poe machen darf.

Video: 3 Minuten "The Expendables"
Video: Wie Sly mit 62 Jahren in der Muckibude trainiert

Freitag, 9. Oktober 2009

District 9

Wenn uns die Vergangenheit eines gelehrt hat, dann dass Menschen einfach nicht gut mit Aliens auskommen. "District 9" erzählt eine krachende Geschichte abseits von Außerirdischen auf Fahrrädern und Kaffee-Suchties aus dem Men In Black-Universum.


Wikus van de Merwe ist ein kleines Licht in seiner Firma, wird aber von seinem Boss (der zufällig auch sein Schwiegervater ist) als Leiter für ein ganz besonderes Projekt auserkoren. Er soll mit Hilfe des Militärs den District 9 umsiedeln. District wie bitte? Nein, dort gibt's keine Prostituierten und auch keine asiatischen Trödelladen-Besitzer. Zumindest keine menschlichen... Vor gut 20 Jahren kam ein riesiges unbekanntes Flugobjekt nach Johannesburg (Südafrika), das seitdem dort in der Luft hängt. Nach einiger Zeit erforschten die Menschen das Schiff und fanden unzählige Außerirdische an Bord. Für diese wurde ein Auffanglager aufgebaut, der titelgebende District 9. Mit der Zeit haben sich die Shrimps (so nennt man die Kreaturen leicht abwertend) eine eigene Gesellschaft errichtet. Keine gute, aber immerhin eine, die irgendwie funktioniert. Die Art und Weise ist dabei höchst fraglich, denn äußerlich erinnert alles an versiffte Slums, Prostitution ist an der Tagesordnung, genau wie Drogenhandel mit Katzenfutter und Waffenhandel mit angesiedelten afrikanischen Warlords.
Weil sich viele Anwohner vom Gestank und der zunehmenden Gewaltbereitschaft der Shrimps gestört fühlen, soll Wikus also mit einer geballten Portion Planung die Umsiedlung in ein neues Lager organisieren. Auf den ersten Blick will man ihm das gar nicht zutrauen, er wirkt wie der kleine Streber, der in der Grundschule immer eine drauf bekommen hat. Und trotz eleganter Muschibremse unter der Nase und der Ausstrahlung eines Sessel-befurzenden (pflichtbewussten...) Bürohengstes, mausert er sich von der Zero zum Hero. Bei einer Untersuchung kommt Wikus mit einer fremden Flüssigkeit in Berührung und verwandelt sich nach und nach selbst zum Shrimp. Klar, dass die Regierung ihm sofort ans Leder will, schließlich könnte nur er als Halbmensch die vielen Alien-Wummen bedienen, für die man sonst keine Verwendung hat. So lässt Wikus aber nicht mit sich umgehen, er flieht aus der Forschungsstation, kooperiert mit den Aliens und lernt schnell deren Plan kennen...

Ganz tolle Filme sind die, die man erst gar nicht auf der Rechnung hatte und die einen dann doch begeistern können. So geschehen bei "District 9". Ich hab mir im Vorfeld keinen Trailer zum Film angeguckt, hab mich nicht weiter belesen, sondern nur mitbekommen, dass der Film supi-dupi sein soll. Und auf einmal sitz ich da im Kinosaal und bin völlig gefesselt. Die wacklige Handkamera mag wie bei "Cloverfield" Geschmackssache sein, aber sie verleiht dem authentischen Dokumentarstil besonderen Nachdruck, immer wieder werden Rückblenden eingeblendet. Verbunden ist das meist durch harte Schnitte, die gerade die Äktschn gut zur Geltung kommen lassen. In den letzten Minuten entwickelt sich "District 9" zur Blockbuster-Materialschlacht, es kracht an allen Ecken und Enden doppelt - in diesem Moment weiß man, das ist ganz großes Entertainment. Doch nicht nur die Rumms und die Bumms überzeugen, auch die restlichen Spezialeffekte powered by Peter Jackson sind auf sehr hohem Niveau und fallen teilweise recht blutrünstig aus. Dazu gibt es ein stimmig abgestimmtes Design, das sehr an "Half-Life" und die berüchtigte City 17 erinnert. Das alles wären also schon einmal Zutaten, die dem Film das Prädikat "bombastisch" verleihen, doch es kommt noch besser. Die Beziehung zwischen Wikus und seiner geliebten Frau wird rührend präsentiert, und auch zu den Shrimps baut man eine enge Verbindung auf. Glücklicherweise quetscht sich zwischen Peng und Schluchz immer wieder ein Haha, denn "District 9" punktet an den richtigen Stellen mit Witz. Und das ebenfalls äußerst gelungen.
Anzukreiden wäre, dass die interessante Story am Ende zum Beiwerk verkommt und sich der Action beugen muss. Schließlich endet alles toll, aber etwas weniger Pathos hätte es auch getan.

FAZIT: Man merkt, der Film hat mir richtig gut gefallen. Er ist packend, einfallsreich und punktet durch frische Schauspieler und Ideen. Wikus' Zerfall ist beeindruckend dokumentiert, ebenso sein Charakterwandel. Leider scheint mir, dass man diesem Film etwas zu wenig Aufmerksamkeit hat zukommen lassen. Er hat es auf jeden Fall verdient, gekauft oder zumindest ausgeliehen zu werden. Für mich ein echtes Kaliber von Blockbuster, auch wenn man in den letzten Minuten etwas zu sehr auf's Gas drückt. 8/10